Die 10c-Darts-„WM“

Die 10c-Darts-„WM“

Wie aus einer Schnapsidee eine tolle Veranstaltung wurde

Ich muss immer dem Drang widerstehen, dass „WM“ im Titel nicht in Anführungszeichen zu setzen. Eine WM (Weltmeisterschaft) war es nun sicher nicht. Darts-Turnier, bestimmt, Darts-Event, auch, aber WM? Ich weiß nicht… 

So hat das Ganze aber angefangen. Eine amerikanische Redewendung sagt Bitte lieber um Vergebung als um Erlaubnis, und genau so hatte sich die Klasse 10c gedacht, wir machen am Unsinnigen Donnerstag eine „Darts-WM“ im Klassenzimmer. Bevor aber gefragt wurde, ob das eigentlich geht, wurden einige hundert kleine Kärtchen (visitenkartengroße „Flyer“) bestellt und an der Schule verteilt. 

Man macht eben den letzten Schritt vor dem ersten. Was soll schon schiefgehen? Wie soll das eigentlich laufen, fragte ich. Wie stellt Ihr euch das vor? Naja, Herr Winter, da kommen halt alle, die Bock haben, an dem Tag zu uns ins Klassenzimmer und spielen Darts. Ah, ja klar, sagte ich. Und woher wissen denn die Lehrer, die in den anderen Zehnten Unterricht haben, wer jetzt grad Bock hat und wer nicht? Wer muss anwesend sein? Schließlich haben die Lehrer eine Aufsichtspflicht. Ach so, ja stimmt, sagten sie. Hmmm. Daran haben wir gar nicht gedacht. Naja, dann machen wir‘s halt in der Aula und laden alle Zehnten ein. Habt Ihr eigentlich schon mal bei der Schulleitung gefragt, ob die das überhaupt genehmigen, fragte ich. Äh, nein, sagten sie, haben wir eigentlich noch nicht. 

Es waren noch so einige Gespräche in diesem Tenor nötig, bis man ein Konzept erstellt hatte, das man der Schulleitung auch vortragen kann. Was die Klasse dann aber sehr souverän tat, und es wurde sogar eine Erweiterung vorgeschlagen – ladet doch auch Maria Ward ein! Und tatsächlich, auch dort haben die Schüler mit ihrem Konzept überzeugt und eine Genehmigung erhalten. 

Ein mancher hatte jetzt doch Bedenken – Was ist, wenn was schiefgeht? Was, wenn wir zu lange brauchen? Was, wenn wir zu früh fertig sind? Das wird jetzt alles schon ein bisschen groß! 

Doch der Optimismus überwog und mit einem Mal entstand eine Art von Motivation, ein regelrechter Feuereifer – wir könnten doch auch, vielleicht sollten wir noch, lass uns doch noch –, den ich so von Schülern nicht wirklich gewöhnt bin. 

Von da an lag die Organisation des Events eigentlich in Schülerhand. Ich hatte prinzipiell nur noch die Aufsicht über die Schüler, die Organisation übernahmen sie dann fast vollständig selbst: Weitere Genehmigungen wurden eingeholt, Zuständige wurden kontaktiert, Material wurde besorgt, die Technikgruppe wurde involviert, um die notwendigen Einweisungen in die Technik und das Licht zu erhalten. Und drei bis vier Nachmittage wurde – freiwillig! – an der Schule geblieben, um den Ablauf zu proben. Und das auch immer wieder. Können wir nochmal auf Anfang? Ich würde gern nochmal zurück zum Anfang, mir passt das Licht noch nicht. Können wir nochmal da anfangen, wo die Musik einsetzt? Sollen wir nicht den Projektor und die Leinwand anders hinstellen? 

Die Veranstaltung wurde beworben, die Schüler gingen durch die Klassen, informierten diese über Regeln und Teamnamen, baten jedes Spielerteam um einen Theme-Song, der dann beim Einlauf gespielt werden sollte, setzten Deadlines, bis wann die Informationen an die 10c zurückgemeldet werden sollte und stellten erstaunt fest – man verzeihe mir, das muss ich als Lehrkraft jetzt sagen „Oh, süße Ironie“ –, dass einige Klassen diese Deadlines natürlich nicht eingehalten haben! 

Auch zuhause wurde gewerkelt. Samuel und Raphael bauten einen Ständer für die Dartscheibe, Tim erstellte eine einminütige Animation in Blender (eine Open-Source-Software für animierte Filme), die er auch vertonte – und die wir dann auch als unseren Opener einsetzten. 

Am Tag der Veranstaltung hatten dann doch alle – Schüler und ich – etwas Lampenfieber, schliefen teilweise schlecht. Aber als der Event dann lief, klappte dank der vielen Proben fast alles wie am Schnürchen, und das Publikum war begeistert von der Professionalität der Show. Und alle hatten richtig viel Spaß – auch wenn die Spieler der 10c selbst bereits im ersten Match aus dem Turnier flog. 

Es gewann schließlich der Favorit verdient: das Team der 10b der KRS. 

Im Kollegium gab es danach viele anerkennende Worte an die Klasse. „Krass, was deine Klasse da auf die Beine gestellt hat!“ – „Das habt Ihr ja richtig groß aufgezogen“ – „Das muss man eigentlich wieder machen!“ – „Wie, das haben die selber organisiert? Und den Film am Anfang haben die auch selber gemacht?“ 

Ich gebe offen zu, erst war mir das ganze sehr suspekt. Eigentlich wollte ich da nicht wirklich mitmachen. Aber diese Begeisterung, die die Schüler an den Tag legten, die plötzliche Bereitschaft, Freizeit für etwas Schulisches zu opfern, die Freude, die die Schüler beim Proben hatten, das hat mich am Ende doch mitgenommen. Und ich hatte Gänsehaut, als die einzelnen Teams im Blitzlichtgewitter zu ihrem Theme-Song einliefen. Musste unwillkürlich die Luft anhalten, wenn es ein enges Match wurde. Und freute mich, als Raphael, zu dessen Lieblingsfächern Englisch definitiv nicht gehört, als „Caller“ die Ergebnisse einer Runde über das Mikro feststellte: „Forty-four. One hundred and six are required.“ Freute mich, als die Moderatoren, Theo und Felix, die laufenden Matches kommentierten oder das nächste Spielerteam ansagten. 

Liebe 10c, ich bin sehr stolz auf Euch und freue mich über die riesige Begeisterung, die Ihr für diese Veranstaltung aufgebracht habt. Vielen lieben Dank! So etwas ist für mich als Lehrer auch etwas echt Besonderes, nichts Alltägliches und schon gar nichts Selbstverständliches. Hut ab, gut gemacht! Ich werde Euch und Eure „Schnapsidee“ bestimmt nie vergessen.  

Markus Winter, Klassenleiter der 10c

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